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Forschungsbericht Yomare
Die große Zeichenschule
Bilder
14.06.1823, Magnus André Dayah

"Auf Bitten meines guten Freundes Professor Darius Lewald werde ich nun den ersten Teil des Manuskripts der Öffentlichkeit preisgeben. Doch vorher möchte ich Sie alle noch einmal an die Verantwortung, die die Gesellschaft mit diesem Wissen tragen wird erinnern. Bis jetzt hatten die Menschen nie Grund sich vor dieser intelligenten Spezies zu fürchten und sie werden auch in Zukunft keinen Grund haben das zu tun, das steht fest. Die Unvernunft dieser Tage darf nicht die Oberhand gewinnen und zu sinnlosen Kämpfen mit den Bergmenschen führen. Es war bis jetzt möglich mit ihnen friedlich zu leben, auch wenn das eher unbewusst geschah, somit muss es auch möglich sein in Zukunft freundschaftliche Beziehungen zu pflegen.
Im Folgenden werde ich nach und nach das erwähnte Manuskript mit allen zusätzlichen Informationen sowie Skizzen und Illustrationen anhängen, sobald die Kupferstiche der Zeichnungen fertiggestellt sind und dem Typographen zur Vervielfältigung übergeben wurden. Bis dahin ist diese Veröffentlichung weiterhin nur ein Manuskript und eventuellen Änderungen unterworfen.
Zu Beginn die Nachricht, die mich zusammen mit dem Manuskript erreichte:

"Dies ist nun das Manuskript, dass ich Dir versprochen habe mein teurer Freund. Ich werde Dir im laufe der Zeit noch weiteres Material schicken und die anderen Skizzen hinzu legen, damit es bis zur Veröffentlichung mehr Aussagekraft besitzt und auch diese bornierten Torfköpfe der Akademie meine Ergebnisse nicht einfach vom Tisch wischen können. Was die Veröffentlichung angeht, da vertraue ich ganz Deinem Können und lasse Dir alle Freiheit zu tun, was Du für nötig und sinnvoll erachtest. Allerdings wirst Du mir nach der Sichtung des Manuskripts wahrscheinlich zustimmen, dass es hier sehr vorsichtig vorzugehen gilt um den Leuten keinen Schrecken einzujagen und einen Feldzug gegen die liebenswürdigen Menschen hier zu verhindern, doch wie gesagt bin ich überzeugt, dass Du das auf Deine souveräne Weise schaffen wirst.
Es tut mir Leid, dass ich Dir diese Nachricht schreiben muss und Dir das alles nicht persönlich sagen kann. Wenn ich nicht wüsste, dass Deine Verpflichtungen Dich in der Heimat festhalten und es unmöglich machen zu Reisen, so würde ich Dich sofort kommen lassen. Ich werde hier noch etwas länger bleiben, da ich Sie weiter studieren möchte und ich die Gesellschaft dieser Menschen sehr genieße. Das einzige, was ich hier wirklich vermisse ist Deine Anwesenheit, so werde ich früher oder später zurückkommen und hoffentlich weitere interessante Geschichten zu erzählen wissen.
Bis dahin lebe wohl und lasse Dich nicht unterkriegen
Dein treuer Freund Darius Lewald"


Vorwort

Seit Jahrhunderten tauchen in vielen Erzählungen Wesen auf, deren Existenz bis vor kurzem noch stark angezweifelt wurde und auch jetzt noch von vielen Wissenschaftlern bezweifelt wird. In europäischen Sagen und Märchen wurden sie oft als Drachen in Menschengestalt, als Harpyen oder Vampire hingestellt und noch vieles mehr. In asiatischen Erzählungen tauchen sie als Spinnenweiber oder Dämonen auf, als Geister von Verstorbenen oder als göttliche Boten; sie selbst nennen sich "Yomare". Die Rede ist von den homo volaticus, den fliegenden Bergmenschen. Die taxonomische Einordnung ist so zwar nicht richtig, da die Verwandtschaft zwischen uns und diesen Wesen nicht so nahe liegt, wie es der Name vermuten lässt. Es bestehen sogar Zweifel daran, ob sie überhaupt zu den Hominidae zu zählen sind oder ob sie nicht gar eine eigene Familie bilden, doch das soll Gegenstand späterer Forschungen sein, hier soll erst einmal ein grobes Bild dieser seltsamen Spezies umrissen werden um sie dem Leser etwas näher zu bringen.
Die Einteilung der Kapitel habe ich so gewählt, wie es mir sinnvoll erschien und sollte keine weiteren Fragen aufwerfen. Der Inhalt entspricht meinem derzeitigen, recht lückenhaften Wissensstand und erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit, doch habe ich versucht meine Beobachtungen so objektiv und gewissenhaft wie es mir möglich war wieder zu geben. Oft wird der Leser auf Berichte von konkreten Ereignissen stoßen, die ich mit eingeflochten habe um zu verdeutlichen, dass diese Niederschrift auf persönlichen Erfahrungen fußt und sich der Subjektivität nicht gänzlich erwehren kann. Die subjektive Betitelung "Mensch" oder "Bergmensch" möchte ich mir trotz der taxonomischen Unstimmigkeiten in meinen Schriften vorbehalten, da sie unserer Spezies absolut ebenbürtig sind und unseren Respekt verdienen.

1. Biosphäre

Der Lebensraum der Yomare ist das Gebirge oberhalb der Baumgrenze von circa 1900 bis 3000 Metern. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet erstreckte sich vor allem auf Regionen mit einem hohen Bestand an fruchttragenden Zwergsträuchern wie Blau-, Moos-, Preisel- und anderen Heidelbeeren, die im Winter neben eingelagerten Knollen und Wurzeln lange Zeit die einzigen zuverlässigen Nahrungsquellen darstellten. Als Siedlungsgebiete werden Plateaus genutzt auf denen sie ihre Dörfer errichten.

2. Anatomie

Das auffälligste Merkmal sind ihre Flügel, die sie klar von den Homo Sapiens unterscheidet. Der extrem verlängerte kleinen Finger, der "Flugfinger" ist durch eine Flughaut mit dem Korpus verbunden und befähigt die Bergmenschen zu gleiten und mit den Aufwinden in den Himmel aufzusteigen. An ihren Ober- und Unterschenkeln haben sich starke Sehnen ausgebildet, die bei Anspannung zusätzlich Häute an den Beinen aufspannen mit denen sie in der Luft ihren Flug steuern können. Ihre Beine scheinen auf den ersten Blick etwas länger als die des Homo Sapiens, doch der Eindruck trügt, denn der Oberschenkelknochen, sowie Schien- und Wadenbeinknochen besitzen ungefähr die gleichen Proportionen wie die unsrigen. Die unteren Gliedmaßen erscheinen nur so lang, weil das Fußskelett anders gebaut ist als unseres. Die Mittelfußknochen sind verlängert und weisen alle Eigenschaften eines Zehengängers auf, die Fersen berühren nur äußerst selten den Boden und der Ballen ist stärker gepolstert um der größeren Belastung gewachsen zu sein. Die Zehen haben die Greiffunktion ihrer Vorfahren gänzlich verloren und dienen vor allem dem schnellen Lauf und dem Klettern an steilen Felshängen. Starke Achillessehnen und Bänder ermöglichen weite Sprünge und eine Schrittlänge von über fünf Metern im vollen Lauf, sowie Sprünge bis drei Metern senkrecht in die Höhe.
Wenn sie sich auf die Fersen stellen würden, so wären sie durchschnittlich zwanzig Zentimeter kleiner als wir. Im normalen Stand sind sie aber genauso groß wie der durchschnittliche Mitteleuropäer und gekleidet in Reisemäntel fallen sie im Gedränge großer Städte nicht auf.

Die Hände sind recht zierlich und durch den Flugfinger sind grobe Handarbeiten schwierig bis unmöglich zu bewältigen. Dafür sind sie sehr geschickt im Anfertigen von feinen Handarbeiten und besitzen eine ungeheure Kraft beim zudrücken und festhalten von Gegenständen. Diese rührt wahrscheinlich daher, dass sie Höhenmeter oft kletternd zurücklegen müssen, wenn kein Lüftchen weht oder sie sich an den Felswänden festklammern müssen, wenn ein zu scharfer Wind zum Fliegen bläst. Den Flugfinger knicken sie dann ein und legen ihn an den Unterarm an, damit er sie nicht weiter behindert. Auch wenn sie unter Menschen sind klappen sie ihren auffälligen Finger ein und verstecken ihn so unter langer Kleidung, auch ihre Füße verschwinden unter langen Mänteln.

Der Korpus ist entsprechend der Größe etwas kleiner als der unsere. Brustkorb, Schulterblätter und Armmuskulatur sind sehr stark ausgeprägt und unterstützen den Gleitflug. Die Flughäute sind mit weichen Flaumhaaren bedeckt und unterstützen die Strömungseigenschaften der Flügel und scheinen auch der Wärmeisolierung zu dienen, bei manchen Yomaren erstreckt sich diese Behaarung bis auf Teile des Oberkörpers.

Die Schädelform und -größe entspricht ebenfalls den Ausmaßen des Homo Sapiens. Das Gesicht wirkt ebenmäßig und kann als hübsch bezeichnet werden. Sie tragen alle ausnahmslos lange Haare, die sich je nach Geschlecht in der Länge unterscheiden. Die Männer tragen kürzeres, bis maximal schulterlanges Haar; die Frauen schneiden ihre Haare nicht, weshalb es ungefähr zwei bis drei Ellen lang wird. Schmuck wird nicht oder nur sehr dezent getragen, vermutlich stört es bei der Fortbewegung am Fels und in der Luft. Die Nasenflügel sind sehr beweglich und können die Nasenlöcher komplett verschließen, auch die Augen besitzen noch eine Nickhaut als Schutzmechanismus. Diese ist durchsichtig und kann somit ständig beim Flug vorgeschoben werden. Allerdings erzählte mir mein Gastgeber, dass sie trotzdem die Sehkraft senke. Nach einem Sehtest stellte ich fest, dass die Nickhaut die Sehkraft auf das Niveau von durchschnittlichen Menschen senkt, dass diese Bergmenschen also ohne diese Einschränkung Augen vergleichbar mit Adlern und Falken besitzen. Dafür ist ihr Gehör nur schwach ausgebildet. Sie nehmen etwa unser Geräuschspektrum war, aber erst ab einer höheren Lautstärke. Im normalen Gespräch fällt das nicht auf und bei dem scharfen Wind in luftiger Höhe ist diese leichte Schwerhörigkeit auch nicht weiter hinderlich. Dieser verminderte Gehörsinn entsteht durch das veränderte Außenohr, das den Gehörgang abdeckt und nur zum Hinterkopf hin eine Öffnung lässt. So entsteht gewissermaßen eine Tasche, die das empfindliche Gehör vor starkem Wind schützt, was zu Ungunsten der Leistung dieses Organs geht.


Skizzen von Darius Lewald

Die Skizzen haben durch den langen Weg gelitten , weshalb sie von einem Kupferstecher überarbeitet und haltbar gemacht werden sollen. Sobald die Arbeit beendet ist, werden sie hier gezeigt, bis dahin stehen hier die beschädigten Skizzen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
homo volaticus unter Menschen