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von Varon
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...sehr grün.
...sehr, sehr grün.
...aktualisiert.

Satire.


Au weia, Helene Hagemann,


Du bist 17 und hast ein vielbeachtetes Buch kompiliert, "Axolotl Roadkill", radikal, ungeschönt, sprachmächtig, fesselnd, ein 200-seitiger Poetry Slam, Sex, Gewalt, Kiffen, Berlin-Mitte, wahnsinnig schnell, liest sich wie im Rausch, innere Monologe, Stream of Consciousness, dramatische Versatzstücke, Handlungsfetzen, krasse Verelendungsschilderungen, bei Amazon gibt's Leseprobe, auf sechs Seiten 17 Ableitungen von "scheiß-", aber nur einmal "verfickt", alles geklaut, trotzdem geil, Ausdruck einer neuen Generation, STOP!
Wir müssen dich, gute Helene, väterlich an das Prinzip der Überbietungslogik erinnern. Soll heißen: Irgendwann tritt ein 16jähriges Nachwuchstalent aufs literarische Tapet, mit noch hektischerer Syntax, einer noch höheren "Scheiße"/Seite-Frequenz und noch mehr zusammengemopsten Internet-Zitaten und dann schert sich kein Wochenmagazin mehr um Dich und Du wünscht Dir, Du hättest ganz normal Abitur gemacht. Oder es Dir wenigstens etwas geschickter zusammengespickt!
Besorgt: Titanic

(c) Titanic 3/10

Anderes.


Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs


Sonette find ich sowas von beschissen,
so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut

hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;
allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
Ich hab da eine Sperre. Und die Wut

darüber, daß so’n abgefuckter Kacker
mich mittels seiner Wichserein blockiert,
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.

Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:
Ich find Sonette unheimlich beschissen.

© Robert Gernhardt

Prosa.


Tschekke Wawa


„Mir doch egal, das T-Shirt sieht cool aus.“

Jetzt trage ich grüne karierte Hose und Hawaiihemd. Bei den Stylern da draußen gelte ich sicher als modischer Griff in’s Piranha-Becken. Aber die verschieden farbigen Chucks habe ich mir abgewöhnt, meinen Pali zum Tischtuch degradiert. Der rote Stern ist blass und falsch geworden.

Ich suche immer noch nach einer Jugendbewegung, die zu mir passt für gemeinsame Revolte bei Nacht. Wir sind hier nicht in Kuba? Vormärz? Also Februar! Ja da war’s draußen noch schön kühl. Träge Bauhausstudenten im Ilm-Park die über Veränderung und Nietzsche philosophieren. In der Handtasche hat man heute ein Faust-Zitate-Buch. Goethe und Schiller habe ich schon die Schuhe geputzt aber hat es wen interessiert?

Bewegung des Stillstandes. Ich mit Hochdruck, kein Ventil. Kein Ziel, aber einen Weg und als erster dort. Ich behaupte ja nicht, dass zur französischen Revolution die Leute ein angenehmeres Leben hatten. Aber lieber werde ich als katholischer Jude verbrannt als im Sterbebett liegend auf ein Leben ohne Taten zurück blicken. Aber man hat ja das Gefühl, das alles war schon mal da und wir haben doch alle Meinungsfreiheit und kleben heimlich selbst gemachte Flyer an Bäume, Einladungen zu Kurzfilmnächten in besetzen Häusern! Wir streicheln Neonazis die Glatze und lassen uns dann von ihnen die Fresse polieren. Dankbar hinken wir von dannen. Wir schmieren Sprüche auf alte Häuser und fühlen uns gut, weil es illegal ist, weil man uns das noch verbieten könnte.

Aber das alles war schon mal da und Revolte? Schon gar nicht. Das einzige, was sich noch langsamer bewegt als wir, sind die Kontinentalplatten.

Wir stehen am Zenit der Degeneration. Die einen fordern eine neue Jugend gegen den Verfall der Freiheit. Die anderen haben Bushido auf dem Handy und tauschen sich gegenseitig über neue „Deine Mutter...!“ aus, wobei sie unbemerkt ihr Vokabular mit jedem Tag weiter reduzieren, bis er ungefähr auf die Wortanzahl der 10 Gebote kommt.

„Deine Mutter ist schwarz und fährt den A-Team Truck!“

Wovon werde ich denn in Jahren erzählen, wenn ich meiner Jugend gedenke? Von den Luftschlössern, die ich neurotisch erbaut habe. Nach wie viel toten Träumen hat man sein Leben im Massengrab verloren?

Für mich gibt es hier nichts mehr. Denn vermutlich war auch ich schon einmal gewesen.

© Varon

Special.


Operette für eine kleine Katze


Ich möchte eine kleine Geschichte erzählen, die mich veranlasste, auch eine kleine Operette zu schreiben, eine Sakraloperette für dieses kleine Tierchen, es war eine Katze.

Es war so, ich saß in meinem Zimmer und schrob auf der Schreibmaschine und schrieb wahrscheinlich eine Doktorarbeit ich weiß jetzt nicht, ob es Gynäkologie, Gynäkologie war oder Französisch, draußen der Wind pfiff sein Lied, sein immer währendes altes Lied und die Wolken verdüsterten den Himmel ein bisschen auf dem Bild von Kaspar David Friedrich, dass ich selbst gemalt hatte, es war ein Original. Abgebildet waren das Schaf von Persien und die Mickey Maus. Poppend.
Ich hatte mir ein Würstchen gekauft von der Würstchenbude, die in meinem Zimmer steht. […] Was für eine Wurst - what a wörst! Plötzlich vernahm ich von draußen eine Art Hähen oder Spähen. Ein jämmerliches Hilfegesuch, nicht schriftlich sondern richtig. Ich dachte, was ist datdennwasisdatdenn, Helge, was ist das? Ich vernahm wieder ein jämmerliches Hähen oder Mähen. Es musste von einem kleinen Tierchen oder einem kleinen Menschlein kommen, ich wusste es nicht genau. Was sollte ich tun? Ich sprang auf, von dem Sofa auf dem ich gelegen hatte und Zeitung geblättert hatte und zwar Illustrierte, rannte mit riesen Schritten an der Würstchenbude vorbei - der Verkäufer saß auf seinem Küchenhocker und machte ein kleines Nickerchen - rannte durch den Oberflur, rutschte die Rollstufen runter, unten durch die Halle, an den Skulpturen vorbei, riss die Stores auf, sprang durchs Hauptportal mit großen Sätzen die breiten Marmorstufen hinab und stapfte dann eiligen Schrittes über den von Gärtnern schön geharkten frischen Kies und blieb dummerweise mit dem Hermelin am Ferrari hängen, der scheiße geparkt war von meinem Fahrer, ich rappelte mich wieder hoch, nahm beide Schöße und hetzte weiter und fiel wieder hin - diesmal über die goldenen Bommeln von meinen Schnabelschuhen - und brach mir dabei einen Zacken aus der Krone.
So ramponiert sprang ich hoch und stürzte in den Irrgarten rein, den die Gärtner zu meiner Belustigung angelegt hatten. Ich rannte mehrmals im Kreis hin und her, ich wusste den Ausgang nicht, was sollte ich tun! Mit quer gestellten Schulterblättern rammte ich wie ein Rammbock durch die Buchsbaumhecke, dass es nur so splatatterte! Dann ein paar 100 Meter durch den Mangrovenwald, durch die Hibiskusblüten durch, über die kleine Wiese mit dem Margeriten, wo die Auerochsen und Ure wohnen, die ich ja züchte und dann einen Abhang runter und endlich sah ich in weiter Ferne, klitzeklein, meinen Privatbach schimmern, wo das Geräusch herzukommen schon. Ich warf einen Blick behänd über die Schulter, sah mein Anwesen als kleinen Punkt am Horizont verschwinden und war dann endlich an dem kleinen, schillernden, wie Silberpapier in der Sonne glänzenden, blauen, grauen Bach angekommen.
Und da sah ich, wer da Helge gerufen hatte: es war ein kleiner wollknäuelgroßer Wollknäuel, eine kleine Katze. Eine kleine, schnuckelige, putzige Katze, wollknäuelgroß wie ein Wollknäuel und hatte die Form eines Wollknäuels. Dieses Wollknäuel rief hurtig immer wieder ein Mähen oder Spähen aus, es konnte ja auch noch nicht richtig sprechen, es war ja noch klein! Es hatte eine Schultüte im Arm auf der draufstand „meine erste Butterfahrt“. Seine Eltern hatten es wohl ausgesetzt, es lag in einem Weidenkörbchen, was in der Dünung des Baches immer lustig hin und her wipperte. Ich bückte mich, legte Zepter und Reichsapfel bei Seite und machte mir sogar ein bisschen den Hermelin schmutzig, als ich mit meiner Hand vorfuhr und das kleine, zwar gestreifte, aber sehr niedliche Kätzchen hochnahm. Und es machte so ein kleines Fauch-Miau-Gehähe, mir wurde warm ums Herz. Mein Herz weitete sich zu einem saftigen Steak. Es hatte ein Schildchen um den Hals, es war sein Name: Orang-Utan-Klaus! Das ist doch kein Name für eine Katze! Da sind wir doch mal ehrlich, das doch die Situation hier! Ich riss das Schildchen ab und zerknüllte es in vier Teile. Ich nannte die Katze anders, ich gab ihr einen Katzennamen: und zwar Telefonmann.
Und es begab sich aber, dass ich das Kätzchen aufnahm in meinen Haushalt. Ich brachte ihm Schuhputzen bei, indem ich es vor der Haustür festnagelte und meine Schuhe dran abstreifte. Die Farbe gefiel mir nicht, ich lackierte es um, mit einer Lösung und das schien dem Kätzchen nicht gut zu tun; leider ist es so verschieden.
Ich hatte ein etwas schlechtes Gewissen, was jetzt aber wieder gut ist, denn ich habe ein Lied geschrieben, für diese kleine süße Katze… und ich habe ihm auch ein Mausoleum bauen lassen - das würde ich für einen Menschen niemals tun.

© Helge Schneider

Gedichte.


Balrog


Entfessle glut’ge Schmerzen,
Bestie schwarzer Feuer!
Bring Siechtum, friss,
O Inkubus, die Herzen,
Ungeheuer!

O Dämon alter Zeiten
Wo Finsternis wallt, da
Kehr vor aus deinen Schatten!
Mit hundert Augen sah
Dein Seelenfeuer Welten.

Es ascht von deinen Schwingen
Die Nacht im Nebelkleid.
Rot tropfen Höllen
Aus deiner Brust, zu bringen
Entflammend Leid.

O Tier der Inflation!
Singt, Gedanken, brennt!
Schrei deiner Worte nichtet.
Das Omen der Nation
Die dich beim Namen nennt.

Wesen des Äon!
Höre meinen Ruf!
Folge dem Befehl:
Sklave die Person,
Die einst dein Feuer schuf.

© Varon

Doofe Sterne


Gefällt mir einfach unheimlich gut:

Das Greifen nach den hellsten Sternen:
den schönen, gernen, viel zu fernen
enttäuscht uns, weil wir schnellstens lernen,
dass Sterne nichts als Gase sind.

Verlieben - das weiß jedes Kind -
das macht man besser mit Laternen!

© Alazán

Cut-Ups.


Lytuwonis


Oh Gott schlag mir deine Faust mitten ins Gesicht und sage mir, dass ich lebe!
Wie kann ich glauben, wenn du der Allbarmherzige bist und jedem vergibst? Wenn jeder der Menschen einen Platz neben dir im Himmel findet (ausgenommen die Atheisten, ja nee, schon klar)? Wenn das Fegefeuer von der Kirche erfunden wurde? Und die Hölle exothermisch ist?
Die Faust wird nicht kommen. Genauso wenig, wie es regnen wird, weil ich weine. Oder überhaupt irgendwer weint. Dann würde ja in Afrika nicht ständig Dürre herrschen, immerhin heulen da ständig wasserbäuchige Kinder, wenn ihre Eltern gerade unter der Totenplane verschwinden. Die Kriege der Zukunft werden nicht um Öl gefochten, sondern um Wasser.
Fallen leaves, fallen leaves.
Es spielt R.E.M. - nur für mich. „Losing my religion!“ Ich versuche so zu tanzen, wie Vishnu es mit seinen vier Armen vielleicht vollführt hätte.
Fallen leaves, fallen leaves on the ground.
Oh Gott ich werde wahnsinnig. Nicht vielleicht, bestimmt, ich bin’s schon. Und immer wieder die Gefallenen im Kopf. Im Denken! Das Herbstlaub, das so frisst, das mir aus der Ferne zu winkt und ich kann und kann…! - und will nicht.
Ja aber was denn.
Fallen leaves, fallen leaves.
Ich will nicht aufstehen, zur Revolte ich will nicht zum Anklagen aufstehen und ich rede die ganze Zeit davon.
„Völker der Welt! Erhebt euch! Zerschlagt das Kapital! Die Revolution startet jetzt!“ „Jetzt: wer wird Millionär.“ „Ok dann doch erst in ’ner Stunde.“
Ich gebe es zu. Mein derzeitig größtes Problem ist, dass sich auf meiner heißen Milch diese ekelhafte Haut gebildet hat und ich drehe die Tasse andauernd, damit ich sie nicht aus Versehen mittrinke. Aber das ist ja unser Aller Problem. Ich meine wir hier. Die hier, die kluge Texte schreiben und dabei komplett vergessen, auf die Knie zu fallen und den Bleistift zu küssen, dass wir schreiben können. Mensch, eure Texte bewegen mich nicht. Musik bewegt mich. Erst, wenn eure Wörter Melodien in meinem Kopf sind, dann könnt ihr mich packen. Nur so. Unser Aller Problem. Dass wir die Milch auf der Haut zu umgehen versuchen. Oder rausfischen. Mit Sieb und zwei Tassen manchmal, lach, nicht wahr, was für ein Luxus. Für eine Milch zwei Tassen benutzen.
Fallen leaves, fallen leaves on the ground.
Schraube das Licht runter. Nimm den Hörer ab und wenn du still bist… ganz still. Dann hörst du wen ins Telefon atmen. Nur, weil du nicht paranoid bist, heißt das nicht, dass dich niemand verfolgt.
Ich glaube, Gott verfolgt mich. Ganz bestimmt sogar. Aber nicht Jahwe sondern Lytuwonis. Hinter mir kleben nämlich ständig Regenwolken, die bilden sich über meinem Kopf, sobald ich das Haus verlasse. Aber nicht weil ich weine regnet es, sondern weil ich die verdammte Reinkarnation des alten, preußischen Regengottes bin. Juuuhu. Ich hoffe, man merkt mir meine Euphorieausbrüche immer an. Weil das ist wichtig, weil Humor ist gesund.
Fortsetzung folgt.

Aus: "Jesus, nimm die Hand da weg." © Varon

Texte.


Ein Geisternachtstraum


Ich bin weit von dir, fern ab, ich sah
Du bist wunderschön, Stern, nur nicht nah.
Selbst wenn du neben mir lächelst, da
bin ich…
Unsichtbar, geisterhaft. Gestehe nicht, dass ich je lebend war
Verstehe nicht, wem dieses Lächeln von dir
Gilt, wenn nicht mir?
Ich bin körperlos, Seelenfloß? Nein.
Ich bin ruhelos, sprachloser Schein.
Doch wenn Aiolos mir Worte schenkt,
leg ich…
Einen Spruch über dich. Bevor du schläfst
Web Zauber auf dein Gesicht, wenn du schläfst
So bin ich der, den du dann siehst, wenn du erwachst
Der erste, den du erblickst
Und mir verfällst.
Ein Traum. Ach, so süß, träume, auch wenn
Du kaum je erblickst, was ich erkenn’.
Nur ein Geisterwunsch sei mir gewährt:
Wenn dein Mann, der es wert
Ist, erscheint,
will ich…
Nicht länger bei dir sein, wenn du erwachst
Will nicht das Irrlicht sein, dein Weg erhell’n
Auch wenn du nicht einmal weißt, was Geist
Heißt.

© Varon

Songtexte.


Tocotronic - Jackpot



Du bist der Jackpot meines Lebens
Zugegeben, der Vergleich ist eher schief als eben
Doch wenn du lachst, gehen drei Sonnen auf -

Wir sind raus und wir sind stolz darauf!

Du hast das Know-how und ich dein Vertrau'n
Wir werden das System durchschau'n
Und wenn du lachst, gehen drei Sonnen auf -

Wir sind raus und wir sind stolz darauf!

© Tocotronic