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von Yanika
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Drachenritt



Wie jeden Abend saß Korai auf der Bank neben ihrem Reihenhäuschen um noch zehn Minuten vor dem Zubettgehen ein wenig Luft zu schnappen. Sie sah hinauf in den Himmel und es zeigten sich viele winzige Punkte, die nicht klar ersichtlich waren, nur drei leuchtende Sterne blickten zu ihr hinab. Sie waren genau über ihr angeordnet.
Sie wusste nicht, welches der vielen Sternbilder sich da zeigte, doch sie starrte darauf wie hypnotisiert. Sie war fasziniert von den Weiten, die das Universum in sich barg. Die Nacht zeigte sich freundlich und gemütlich, so genoss sie die wilden Böen, die ihre Gestalt umspielten und sie wickelte sich ihre Stickjacke fester um ihren Körper. Der Westwind begann einen Tanz vorzuführen, er erinnerte an einen Passo Doble. Er schwang durch die leergefegte Straße vor ihrer Reihenhaussiedlung wie ein spanischer Torrero, der sich selbst herausforderte.
Fasziniert von der umliegenden Schwärze die sich am Himmelszelt zeigte, ließ sie ihren Blick schweifen. So ein wunderbares Gefühl, als forderte der Wind sie auf, seine Partnerin zu sein. Mehr und mehr erlag sie seiner Macht und steigerte sich immer mehr in ihre unendliche Fantasiewelt hinein.

Am westlichen Teil des Himmels schien sich etwas zu bewegen. Eine große Wolke, geschoben von dem Energiebündel Wind. In östliche Richtung voran schwebend, sah sie jetzt deutlich, wie sich die Wolke in ein Schiff verwandelte. Getragen von den Lüften und getrieben vom Nordwind, der sich jetzt zu diesem neuen Spiel mit der Natur hatte mitreißen lassen. Das Wolkenschiff schwebte lansam auf die drei Sterne zu.

Das Schiff zeigte drei Masten. Einer davon, der Mittlere, der am Höchsten war, einem oben angedachten Kreuz, da er einen wolkigen Querbalken aufwies. Ein sehr majestätischen Einduck machte dieses Bild, das Schiff sah aus, wie eines aus diesen früheren Piratenfilmen. Es könnte auch ein Geisterschiff sein, von einem unsichtbaren Steuermann gelenkt, segelte durch die Luft, schaukelte es wie auf dem Meer, das gerade von einem herannahenden Sturm heimgesucht wird. Der Wind trieb es mit seinem Atem voran.
Der mittlere, höchste Mast, mit dem angedachten Kreuz, näherte sich nun mit gefühlter Höchstgeschwindigkeit dem Sternbild und wenn es den Kurs beibehält, würde es den Unteren der drei Sterne gleich berühren.
Er könnte aus seiner Stellung heraus, von dem Mast wie ein Golfball geschlagen werden, in der Schwärze des Universums seine weitere Laufbahn nehmen und irgendwann in der Atmosphäre verglühen oder duch eine Supernova eine neue Galaxie gebären.

Es wurde ruhiger. Der Wind hörte auf zu singen und eine unheimliche Ruhe folgte dem ganzen Schauspiel des Himmels und der Fantasie.

Nun begann sich alles wie in einem Zeitraffer zu vollziehen, als hätte jemand die Slowlytaste gedrückt.
Noch bevor der Mast den unteren Stern in der Mitte des Sternbildes erreichte, formte sich aus dem ersten der drei Masten des Schiffes in ein anderes Gebilde. Der Mast löste sich auf, um als Drachenkopf neu in Erscheinung zu treten. Der Kopf sah den alten Bildern in den Drachenmythen sehr ähnlich.
Drachen. Hüter des Schatzes im Herzen. In sehr alten Mythen heißt es, dass jeder Mensch einen Schatz in seinem Herzen trägt und dieser Schatz von seinem eigenen Drachen beschützt wird. Wenn der Schatz abhanden kommt, stirbt auch der Drache mit ihm. Viele Menschen müssen ihre wahren Schätze verloren haben, dachte Korai, sonst gäbe es vielleicht noch Drachen.

Das Bug des Schiffes in riesige Pranken verwandelt und der mittlere, größte Mast, der das Kreuz in der Mitte zeigte, formte sich zu einem Drachenkörper und das Kreuz zeigte die Ansätze seiner riesigen Flügel, die von Schatten der Nacht angedeutet wurden. Der dritte Mast zeichnete den Schwanz des mystischen Gebildes.
Aus dem Schiff ist ein Drache geworden. An dessen Ende hing so eine Art kleines, zappeliges Rauchwölkchen. Korai konnte sich jedoch nicht ausmalen, was das sein könnte.
Nach längerem Beobachten formte sich die mittlerweile größer werdenden Rauchwolke in eine schemenhafte Figur. Korai dachte, das sieht aus wie eine kleine Hexe, die sich krampfhaft versucht auf ihrem Besen zu halten, mit einer Hand festgekrallt am Ende des Drachen. Sie schaukelte unbeholfen hin und her, als würde sie noch ihren Besen nebenbei zurechtweisen, dass er sich doch mal bitte bemüht, den Kurs zu halten.
Der Drache befand sich jetzt genau unterhalb des Dreiergestirns, das sie noch genauso anblinzelte, wie zu Beginn ihrer Himmelsbetrachtungen.
Entweder sie hatte ihre Blicke zu lange auf den Sternen ruhen lassen, denn als sie sich wieder dem Drachenschauspiel zuwendete, sah sie die Hexe bei dem Versuch, sich langsam vom Ende des Drachen nach vorne zu kämpfen, was bei dem heftigen inzwischen Ostwind nicht einfach schien.

Sie gewann den Kampf und landete genau auf dem Rücken des Drachen. Ein errungener Sieg und es sah aus, als würde sie beide Hände in die Lüfte strecken, in einer noch ihren Besen kramphaft festhaltend. Der Wind heulte noch einmal richtig auf und schubste Korai, die langsam aufgestanden war, in Richtung ihrer Haustüre.
Raus aus dem Zeitraffer. Die Hexe ritt auf ihrem Drachen davon. Wohin der Wind sie wohl trägt?
Jetzt wird es Zeit, ins Bett zu gehen, dachte Ania und freute sich über eine Gute-Nacht-Geschichte, die ihr gerade der Himmel, die Sterne, der Wind und eine Wolke erzählten.